Schloss Lieberose


Die mächtige Vierflügelanlage des Schlosses Lieberose thront wie ein Fremdkörper in der sonst so kleinstädtisch und landschaftlich geprägten Gegend. Mit seiner wechselvollen Bau- und Nutzungsgeschichte und seinem morbiden Charme fasziniert es seine Besucher.

Im 13. Jahrhundert existierte an gleicher Stelle eine Wasserburg, unter deren Schutz sich eine wendische Siedlung entwickelte, die 1302 Stadtrecht und den Namen Luboraz erhielt. Im Jahr 1519 gelangte die Herrschaft in den Besitz der Grafenfamilie von der Schulenburg, die das Schloss und die Stadt Lieberose in den folgenden Jahrhunderten prägten. Aus der mittelalterlichen Burgstruktur entstand unter Graf Joachim II. (dem Reichen) in der Mitte des 16. Jahrhunderts eine zweigeschossige Dreiflügelanlage im Stil der Renaissance.

In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts entstanden in einigen ausgewählten Räumen des Schlosses die noch heute äußerst sehenswerten Stuckdecken mit stark plastischem, figürlichem und floralem Schmuck. Der Stuckateur Giovanni Bartolomeo Cometa ist in der Region auch bekannt für die Stuckarbeiten im Kloster Neuzelle. Unter Graf Georg Anton bekam das Schloss in der Mitte des 18. Jahrhunderts seine barocke Gestalt. Mit dem neuen Südflügel wurde das Schloss zu einer Vierflügelanlage ausgebaut. Alle vier Flügel wurden auf eine Höhe von drei Geschossen gebracht und mit einem umlaufenden Walmdach zusammengefasst. Überragt wurde das mächtige Dach von einem Uhrenturm, der in der Mitte des Westflügels neben der Tordurchfahrt entstand. Der Taubenturm am Ostflügel blieb erhalten, die Rundbogenarkaden der Renaissance wurden zugemauert und alle vier Flügel mit einer einheitlichen barocken Fassadengestaltung versehen. Der neue Südflügel zum Park wurde betont durch ein Portal mit Freitreppe und Mittelrisalit. So entstand die größte Landschlossanlage des damaligen Kursachsens, von Graf Georg Anton darauf ausgelegt, dem Landesherrn August dem Starken, Kurfürst von Sachsen und König von Polen, auf seinen Reisen nach Polen Quartier zu ermöglichen. Lieberose bekam den Charakter einer Residenzstadt und erlebte eine Blütezeit. Im Zuge von langwierigen Erbfolgestreitigkeiten am Ende des 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts wurde das Bauwerk stark vernachlässigt. 1849 übernahm Graf Friedrich Albrecht die Herrschaft Lieberose. Unter ihm und seinen Erben entwickelte sich Lieberose zu einem der bedeutendsten Forstbetriebe der Provinz Brandenburg. Eine wesentliche Einkommensquelle war die Produktion von hochwertigen Kiefernsamen in der Darre auf dem äußeren Schlosshof. Bis 1911 wurden einige Modernisierungen im Schloss vorgenommen und wichtige Instandsetzungsarbeiten am Schloss durchgeführt. Der Ostflügel wurde mittels Strebepfeilern und Stahlzugankern in den Geschossdecken gegen Setzungen gesichert, ein Lastenaufzug im Südflügel eingebaut, im Ostflügel entstand hinter dem Dianazimmer eine zweigeschossige Bibliothek und in der Ecke zum Südflügel ein Kaminzimmer mit qualitätvoller Wand- und Deckentäfelung sowie kunstvoll gefertigtem Eckkamin.

Graf Albrecht, ein Enkel von Friedrich Albrecht, übernahm 1930 als studierter Forstwirt den Besitz von seinem Vater und kämpfte für ein Weiterbestehen des Betriebes. Die Nationalsozialisten forderten die Herausgabe von 60 % der gräflichen Forstflächen zur Einrichtung eines Truppenübungsplatzes. Aus dem Rest der Herrschaft und dem Schloss sollte ein Jagdschloss für den Reichsführer der SS Himmler werden. Das Kriegsende verhinderte diese Pläne, die Grafenfamilie wurde 1945 im Zuge der Bodenreform entschädigungslos enteignet.

Im April 1945 wurden bei einem Luftangriff der Nordflügel und Westflügel des Schlosses zu einem beträchtlichen Teil zerstört. In der Folge kam es zu Plünderungen und fortschreitendem Abriss der zerstörten Flügel.

Zwischen 1950 und 1988 zog eine Berufsschule mit angeschlossenem Internat in das Schloss ein und belebte Schloss und Stadt. Mit der Wende schlief die Nutzung des Schlosses ein und die Stadt übergab das Schloss an die Brandenburgische Schlösser GmbH. Um das Jahr 2000 herum wurden wichtige Sicherungsmaßnahmen durchgeführt und das Schloss in einen soliden Zustand versetzt.

Seit 2015 belebt der Förderverein Lieberose e.V. das Schloss, die Darre und das Schlosshofareal. Es werden regelmäßig Schoss-, Stadt- und Parkführungen angeboten, in der Darre finden verschiedenste kulturelle Veranstaltungen statt und die Stadt- und Schlossgeschichte wird ehrenamtlich kontinuierlich weiter erforscht und auf vielfältige Art und Weise vermittelt.

Stefanie Reinke, Vorstand im Förderverein Lieberose e.V.